Hermann-Münzel-Haus

Am 20. Sept. 2013 wurde das frisch renovierte Jugendhaus der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ) der Diözese Trier in Rascheid bei Trier eingeweiht und erhielt dabei den Namen „Hermann-Münzel-Haus“. Hermann Münzel, der langjährige Chefredakteur von imprimatur, der im März 2006 gestorben ist, hatte 1976/77, als damaliger „Diözesankaplan“ der KSJ, das alte Pfarrhaus von Rascheid im Einvernehmen mit der Pfarrei und dem Bistum in ein Jugendhaus umwandeln lassen. Es ging nun in den Besitz des KSJ e.V. über und wurde in den vergangenen zwei Jahren einer dringend notwendigen Renovierung unterzogen. Im Rahmen der Diözesankonferenz und eines Hausfestes wurde eine Gedenktafel für Hermann Münzel enthüllt. Jutta Lehnert, Pastoralreferentin und Nachfolgerin von Münzel in der Geistlichen Leitung der KSJ, hielt eine Ansprache und berichtete über das gesamte „Rascheidfest 2013“. Wir dokumentieren nachfolgend Auszüge aus ihrem Bericht und ihre Ansprache.

(Jutta Lehnert ist auf dem Evangelischen Kirchentag in Hamburg von der „Initiative Kirche von unten“ (IKvu) mit dem Dorothee-Sölle-Preis für Aufrechten Gang ausgezeichnet worden. Wir gratulieren unserer früheren Mitherausgeberin und Redakteurin nochmals!) WM

Aus dem Bericht von Jutta Lehnert

„…130 Leute kamen, Ehemalige KSJler und KSJlerinnen, Menschen aus Rascheid, aus der Pfarr- und Zivilgemeinde, vom BDKJ und den Mitgliedsverbänden, von der KAB, von der Bistumsverwaltung, vom Theologischen Quartett Trier, von imprimatur und natürlich viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Diözesankonferenz der KSJ. Der nasse Herbst legte eine kleine Pause ein, so dass es möglich war, den Gottesdienst bei Festbeleuchtung und Kerzenschein auf der Wiese vor dem Haus zu feiern. Höhepunkt war natürlich die Enthüllung der Gedenktafel mit Hermann Münzels Portrait, in Kupfer gestichelt von Jörg Baltes. Das Jugendhaus in Rascheid wird seinen Namen tragen – ein geeigneteres Denkmal für ihn kann es kaum geben.

Kultur mit dem Gitarrenduo Becker&Becker und dem Kabarettisten Heri Lehnert lockte nach dem vielfältigen Essen am selbstgemachten Buffet in den Keller. Die rund 130 Gäste mussten sich ein bisschen quetschen, aber nach der Kälte draußen tat das ganz gut. Es blieb dennoch genug Zeit, miteinander ins Gespräch zu kommen; die einen schwärmten von alten Zeiten im Jugendhaus Rascheid, die anderen spannen schon neue Ideen für den weiteren Ausbau. Alle jedenfalls sind froh darüber, dass ein kostengünstiges Haus für Jugendgruppen und Schulklassen erhalten bleibt.“

Ansprache

Text Genesis 6,11-22: Die Arche Noah

Was dieses Haus in Rascheid der KSJ bedeutet, haben wir in der Zeit der Verhandlungen erst so richtig gemerkt: Menschen, und vor allem Jugendliche, die den Mut haben, die Welt und die Kirche (und hoffentlich sich selbst!) kritisch in den Blick zu nehmen, brauchen einen festen Ort. Ich weiß nicht genau, wie oft wir die Welt schon gerettet haben um Mitternacht am Küchentisch, im Raucherzimmer (jetzt Ruandazimmer) oder auf dem Speicher. Da passt dann das biblische Bild von der Arche Noah im immer höher steigenden Wasser ganz gut.

Der biblische Text gibt die geschichtliche Erfahrung wieder, dass unter bestimmten Bedingungen ganze Gesellschaften und Generationen verdorben und korrupt sein können. Da liegt die Versuchung nahe, sich eine Macht herbeizuwünschen, die mit Gewalt eingreift und den unguten Verhältnissen ein Ende setzt. Ein Denkmuster, das wir kennen bis in die heutige Weltlage hinein; denken wir an den Irak, an Afghanistan oder an die Syriendebatte. Die Bibel widerspricht dem und öffnet in der Geschichte einen neuen, rettenden Raum. Sie denkt über Gott anders und damit selbstverständlich auch über die Lösungsmöglichkeiten der Menschen. Wir wissen ja, wie die Geschichte der Arche Noah endet: Gott bereut, dass in seiner Flut Menschen ertranken, er schämt sich seiner Zerstörungswut. Und verspricht, nie wieder Gewalt anzuwenden. Als sichtbares Zeichen hängt er seinen Kriegsbogen in die Wolken, er leuchtet uns bis heute vielfarbig als Mahnung zum Frieden.

Seitdem sind wir auf das angewiesen, was in der Arche Noah geschah: Ein Zusammenleben in Vielfalt, ein Auskommen mit den Ressourcen, Rücksichtnahme und jeden Tag neu die Hoffnung auf festen Boden in Erinnerung rufen, die Taube aussenden. Schon im Kleinen merken wir, wie schwierig das sein kann und wie viel Durchhaltevermögen das braucht. Auch deshalb bin ich froh, dass die langen Verhandlungen zu diesem hoffnungsvollen Ergebnis geführt haben: Es geht weiter mit dem Jugendhaus, es geht weiter mit Rascheid und der KSJ. Natürlich verdankt sich diese Lösung nicht nur unserem Bemühen, ich danke den Leuten von der Bistumsverwaltung, der Zivilgemeinde, der Pfarrgemeinde….

Wir geben dem Haus heute einen neuen Namen… Es wird ja höchste Zeit, dass Hermann endlich ein Denkmal bekommt, am besten hier, in Rascheid, seiner Lieblingsgemeinde. Viele aus der heutigen KSJ kennen ihn nicht mehr, er ist ja seit über 6 Jahren tot. Tot, das stimmt nicht für alle von uns, für einige ist er noch sehr lebendig. Er war fast 30 Jahre lang der – so hieß das damals noch – Diözesankaplan der KSJ. Nur wenige Gelegenheiten ließ er aus, sich mit dem Trierer Stadtrat, seinem Schuldirektor oder dem Bischof anzulegen. Immer ging es um konkrete Menschlichkeit und Gerechtigkeit, zum Beispiel um die Rettung von Flüchtlingen, um die Selbstbestimmung von Jugendlichen… alles Anliegen im Geist der Arche-Noah-Geschichte. Dabei konnte er beharrlich sein bis zur Sturheit, klare und unbeirrbare Menschen wirken ja manchmal so.

Nach seinem Tod habe ich oft überlegt: Was bewahren wir, was gehört der Vergangenheit an? Mir fiel ein, was ich am meisten von ihm gelernt habe: Hermann war nicht käuflich, er war fromm im befreienden und ermutigenden Sinn und nahm sich für einzelne Menschen und die kleinen Dinge Zeit. Er ließ sich nicht vom äußeren Schein täuschen und mochte die Dinge einfach, aber gut. Deshalb hat das Haus auch bis heute keine teuren Designerleuchten oder Lifestylemöbel, es hält dafür aber jeden durch das Treppenhaus geschossenen Fußball aus und man muss sich keiner Verschwendung schämen, wenn Gäste aus Bolivien oder Ruanda da sind. Dass es jetzt brandschutzertüchtigt wurde, war lange fällig; jetzt können wir es mit besserem Gefühl wieder anderen Gruppen und Schulklassen als günstige Unterkunft anbieten. Ab und zu machen wir es ein bisschen schöner, vieles in Eigenleistung; dafür danke ich heute allen, die bei den Renovierungstreffen mitgearbeitet haben…. Auch wenn es kompliziert war, haben der Vorstand des e.V. und die Diözesanleitung viele Einzelheiten miteinander abgestimmt, einsame Entscheidungen passen ja nicht zu unserem Grundverständnis.

Eine bunte Schar an Kindern und Jugendlichen, an Teams und Referenten hat in den 37 Jahren das Haus bevölkert. Es wurde immer wieder instandgesetzt von unseren großmütigen Hausfrauen und einem zuverlässigen Hausmeister. Ihnen gilt mein besonderer Dank für das Durchhaltevermögen im Chaos der vergangenen zwei Jahre.
Wir werden am Ende die Gedenktafel am Haus enthüllen und das Haus segnen. Was wünschen wir damit für unser Haus? Ich lese den Segen vor, den wir in die Mesusa, die traditionelle jüdische Segenskapsel an der Haustür, einschließen werden:

Gottes Großzügigkeit wohne in diesem Haus.
Gottes Warmherzigkeit sei spürbar in allen Räumen.
Gottes Gerechtigkeit erinnere uns daran,
dass in dieser Welt
auf dieser Erde
das letzte Wort noch nicht gesprochen wurde.
Gott des Lebens,
stärke unsere Sehnsucht nach Deinem Frieden.
Segne uns, lass Dein Angesicht über uns leuchten.
Amen


© imprimatur Dezember 2013
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