Fundgrube

Hin- und hergerissen

Sono dibattuto tra l’ansia di spiegare la verità e il non voler turbare il Santo Padre. Il mio amore per il Papa prevale anche sulla difesa della mia reputazione vilmente messa in discussione.

Ich bin hin- und hergerissen zwischen dem Drang, die Wahrheit zu sagen, und der Angst, den Heiligen Vater zu erschüttern. Meine Liebe zum Papst ist stärker als die Verteidigung meines feige in Frage gestellten Rufes.

Ettore Gotti Tedeschi, ehem. Präsident des IOR (Istituto per le Opere religiose = „Vatikanbank”), entlassen am 24. Mai 2012


Innen und unten

Von außen, von oben ist nichts dauerhaft zu regeln, wenn Einsicht und Leistung von innen, von unten fehlen. Die christliche Soziallehre spricht weise von Subsidiarität. Nur wo die eigenen Fähigkeiten und Kräfte erschöpft sind, können gewisse Hilfen höherer Instanzen inspirierend wirken - nicht mehr.

Seltsamerweise missachtet ausgerechnet die katholische Kirche anhaltend ihre eigene Erkenntnis. Hier soll das meiste - fast alles - zentralistisch vom Vatikan geregelt werden, genauer: von Kurienbehörden, die sich anmaßen, die Weltkirche zu verkörpern. Dabei gibt es gerade in der Zentrale gröbste Verstöße gegen Transparenz, heftige Intrigen, Machtspiele, korrupte Machenschaften, wie die jüngsten Enthüllungen erneut nahelegen. Gerade das höfische römische Kirchenwesen ist - bei allem heiligen Anspruch - ein ausgesprochen weltlich Ding, das sich unter dem Feigenblatt der „Entweltlichung“ allerdings den Standards von Gewaltenkontrolle und Gewaltenteilung nachhaltig entzieht. Was heißt eigentlich innervatikanische Subsidiarität, wenn die Kurie - faktisch am finanziellen Tropf - sich besonders auch von den dort als „antirömisch“ denunzierten deutschen Katholiken mit aushalten lässt?

Das Religiöse gibt es nicht ohne Institution, Lehramt, Aufsicht - aber auch nicht ohne notwendige Korrekturen, Reformen, die subsidiär angeregt werden. Der Glaube bildet sich ebenfalls so, wächst so. Ohne Mütter und Väter als erste Priesterinnen und Priester ihrer Kinder können noch so funktionsbeladene geistliche Ämter wenig ausrichten. Aber nicht einmal die beste Erziehung garantiert, dass die Nachkommen beim Christsein bleiben, wenn sie nicht den kindlichen Glauben zum Erwachsenenglauben entwickeln und diesen stets weiterbilden. Nichts kommt von oben – außer der Geist und das, was er uns innen und unten eingibt. Selbst der Heilige Geist wirkt subsidiär.

Aus: Christ in der Gegenwart, Nr. 23, 2012 „Der Kommentar“


Letzter Mohikaner oder erste Vorhut?

Da ist die Rede davon, dass er (Jesus) sich im Abendmahlssaal von Jerusalem eine Schürze umbindet, um seinen Jüngern die schmutzigen Füße zu waschen. Mit einer Schürze geht man nicht zu einer Party oder zu einem Empfang, sondern eher an die Waschmaschine. Das geht bei ihm so weit, dass er nicht nur die Waschfrau/der Waschmann ist, sondern dass er sich auch zum Waschmittel macht, denn durch sein kostbares Blut sind wir rein gewaschen und erlöst.

Vergessen wir nicht, dass wir nicht die letzten Mohikaner sind, die letzte Nachhut des so genannten Mittelalters, sondern wir sind die erste Vorhut einer Zukunft, von der die meisten unserer Zeitgenossen noch gar keine Ahnung haben.

Joachim Cardinal Meisner
(aus seiner Predigt zur Heilig-Rock-Wallfahrt des Erzbistums Köln nach Trier am 12. Mai 2012)


Aus der Pfingstpredigt

„Zum Schluss einen praktischen Hinweis: Das Autofahren in den Städten wird immer komplizierter. Immer häufiger landet man vor einer Ampel, die ja meistens rot ist, und dort muss man warten. Man sollte in einer solchen Situation nicht schimpfen, sondern sich erinnern, dass Rot die Farbe des Heiligen Geistes ist und dann schlicht die drei Worte beten: „Komm, Heiliger Geist!“, bis es wieder Grün wird, an der Ampel und im eigenen Herzen. Amen.“

Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln


Mit 37 war er ein Revoluzzer

„Wäre Joseph Ratzinger heute noch einmal 37 Jahre alt und verträte er vom Glauben und von der Kirche die gleiche Auffassung wie damals, als er 37 war, dann bliebe er höchstens ein gefragter Theologieprofessor und Publizist. Als Priester aber würde er eher in einer Seelsorgeeinheit tief in der oberbayerischen Provinz landen als auf einem Karrieresprungbrett für Kleriker. Ratzinger ist Papst und 85 Jahre alt. Über Glauben und Kirche denkt er heute anders als damals. Und zwar grundlegend. Mit 37 war er ein Revoluzzer…

Zwei seiner Vorträge, die er hielt, veröffentlichte er in einem 90 Seiten umfassenden Büchlein. Der Band ist weitgehend in Vergessenheit geraten und nur noch antiquarisch verfügbar, er heißt "Ergebnisse und Probleme der dritten Konzilsperiode". Der Autor spricht die Probleme des Konzils an, meint aber die Probleme der Kirche. Die Lösungsansätze des 37-jährigen Ratzinger haben allerdings mit denen des 85-jährigen nichts mehr zu tun….

Die eigentliche Sensation an dem im April 1965 gedruckten Buch ist zweifellos seine Existenz. Heute wäre es nicht mehr vorstellbar, dass ein Vatikan-Insider, zumal ein Geistlicher, offen über das kuriale Geschehen berichtet, es zugleich kritisch analysiert und einen Teil des Episkopats kompromittiert, ohne dass er mit einer Versetzung nach Hintertupfing rechnen müsste. In den frühen Sechzigern brauchte Ratzinger nichts befürchten. Er teilte allen seine Überzeugung mit, wonach "die Kirche nicht ohne ein Höchstmaß an geistiger Kraft und Offenheit bestehen kann". Weiter hinten schreibt er: "Der Spielraum der Freiheit in der Kirche wächst." Es kam anders. Dieser Spielraum wurde kleiner, seit Ratzinger Einfluss hat, und das Höchstmaß an Offenheit hat er definitiv auf das Mindeste gesenkt.“

Aus: Jetzt.de, Süddeutsche Zeitung vom 25.5.2012, Text: Rudolf Neumaier


© imprimatur Oktober 2012
Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Sagen Sie uns Ihre Meinung zu diesem Artikel!
Bitte füllen Sie die folgenden Felder aus, drücken Sie auf den Knopf "Abschicken" und schon hat uns Ihre Post erreicht.

Zuerst Ihre Adresse (wir nehmen keine anonyme Post an!!):
Name:

Straße:

PLZ/Ort:

E-Mail-Adresse:

So und jetzt können Sie endlich Ihre Meinung loswerden: