Benno Rech

Das Missionshaus St. Wendel
Ein Niedergang seit dem Nationalsozialismus


Die Rückgliederung des Saarlandes an das Hitler-Reich hatte für das Missionshaus St. Wendel, eine Niederlassung der Steyler Missionare (SVD), desaströse Folgen. Im Herbst 1940 wurde die Missionsschule von den Nationalsozialisten geschlossen, im Januar 1941 das Haus enteignet. Die Schüler wurden an staatliche Gymnasien verwiesen, Patres und Brüder sogar aus den Regierungsbezirken Saarpfalz, Trier und Koblenz verbannt.

Das Missionshaus wird zur Napola

Aus der Missionsschule wurde die Napola (nationalpolitische Lehranstalt), aus dem Missionshaus die Unterkunft für die „Jungmannen“ und wechselnde Militärstäbe.

Die Missionarsausbildung sahen die Nationalsozialisten in radikalem Widerspruch zu den eigenen Zielen. Kein junges deutsches Blut sollte in fernen Ländern im Interesse der christlichen „Ideologie“ vertan werden! Also schlossen sie die Schule und richteten im Sinne Adolf Hitlers eine Napola ein. Und es begann im Missionshaus die Dressur der Jugend für den deutschen Staat. Die Napola galt als Eliteschule zur Herausbildung des Führernachwuchses. Ihr Auftrag: „Erziehung zu Nationalsozialisten, tüchtig an Leib und Seele für den Dienst an Volk und Staat“. Sie entwickelten sich zu Nachwuchsschulen für SS und Wehrmacht (Wikipedia, Nationalpolitische Erziehungsanstalt). Ulrich Gutmair benennt als Ideale der Ausbildung: „Glauben, Gehorchen, Kämpfen“ (taz vom 4.12.09). Hellmuth Karasek, selbst Schüler einer Napola, erlebte als Erziehungsprinzip: uns den „Kadavergehorsam einzubläuen und jede Menschlichkeit auszutreiben.“

Maßlose Beschuldigungen

In den Angriffen der Nationalsozialisten auf das Missionshaus gab es vorgeschobene und weltanschaulich motivierte Vorwürfe. Beide hetzerisch, rabiat ins Spiel gebracht. Durchlaufende Urteile hießen: „Brutstätten der politischen Jugendverderbnis“, „staatsfeindliche Bestrebungen“, „Lügenfabrik“ (Heck, S. 126-138. Vgl. Leitartikel der Saarbrücker Zeitung vom 31. Juli 1937;). Die Gegenwehr im Haus setzte illusorisch auf eine Widerlegung der Anschuldigungen, hoffte auf eine juristische Argumentation. Die Ablehnung der Einsprüche von Rechtsanwältin Maria Lütgenau (sie vertrat das Missionshaus) durch die Reichsregierung gründet auf einer aufgeblasenen Unterstellung: „Es ist festgestellt, daß die Niederlassung des Ordens der Steyler Missionare in St. Wendel fortgesetzt gegen Gesetze und sonstige im Interesse der Sicherheit des Staates erlassene Bestimmungen verstoßen hat. Die Fortführung der Niederlassung bedeutet daher eine Gefahr für die Sicherheit und den Bestand des Staates.“ (Heck, S. 138).

Bischof Bornewasser als Behinderer einer effektiven Gegenwehr

Es gilt zu bedenken, dass die Bistumsleitung ihr Vertrauen auf das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933 nicht ganz aufgegeben hatte, so immer noch an Verhandlungslösungen glauben wollte. Vor allem war Bischof Bornewasser ein Bewunderer, ja Verehrer Hitlers. Sein Telegramm vom 25. Juni 1940 nach dem „Sieg“ über Frankreich ist nicht zu fassen, und soll hier um seiner Monstrosität willen in Erinnerung gerufen werden. Sein Wortlaut: „Nachdem der Krieg mit Frankreich durch die Großtaten der deutschen Wehrmacht unter der genialen Führung Euerer Excellenz ein so ruhmreiches und schnelles Ende gefunden hat, danke ich als Bischof der großen Grenzdiözese Trier auch im Namen der mir anvertrauten Gläubigen … aus tiefstem Herzen …“. Wie sollte sich das Missionshaus und die Bevölkerung in diesem patriotischen Dunst gegen Hitlers Schergen wehren?

Die Nationalsozialisten suchten öffentliche Unzufriedenheit, Proteste, vor allem, wenn dahinter etwa die Kirche mit ihrem damaligen Einfluss auf die Gläubigen stand, möglichst zu vermeiden. Dass bei mutigem Widerstand die Nationalsozialisten Zugeständnisse gemacht haben, belegen die Beispiele der Benediktinerabtei Münsterschwarzach und von elsässischen Klöstern. In Münsterschwarzach hat der Würzburger Bischof Ehrenfried zusammen mit couragierten Gläubigen immerhin erreicht, dass die Schließung der Kirche von St. Benedikt verhindert wurde. Der furchtlose Erzbischof Gröber von Straßburg hat die Klöster im Elsass vor der Auflösung schützen können. Die Kirche im Missionshaus St. Wendel dagegen wurde zum Lagerraum herabgewürdigt, hätte es nicht bautechnische Probleme gegeben, wäre sie in ein Schwimmbad oder einen Festsaal umfunktioniert worden (Vgl. Heck, S. 141ff).

Der kurze Aufschwung nach der Befreiung

Ab dem 2. April 1946 gehörte das Haus nochmals den Steyler Missionaren, ab dem 8. Oktober gab es wieder eine Missionsschule. Man setzte die Vorkriegstradition ungebrochen fort, ohne sich für ein neues, freieres pädagogisches Konzept zu entschließen und die Entwicklung der Schüler zur Eigenständigkeit als grundlegendes Erziehungsziel zu verfolgen. Nach anfänglichem Aufschwung, sah man sich schon 1968 veranlasst, aufgrund geringer Anmeldezahlen die Missionsschule für Externe zu öffnen. Anfangs der neunziger Jahre wurde das Internat ganz geschlossen. Nicht akzeptierte Erziehungsmethoden und der allgemeine Rückgang kirchlicher Geisteshaltung - kaum noch ein Schüler entschied sich für den Beruf des Missionars – sind wohl die Ursachen für das Ende der Missionarsausbildung im Missionshaus gewesen.

Literatur: Alois Heck: Das Missionshaus St. Wendel unter der NS-Herrschaft. In: Werner Prawdzik SVD, (Hrsg.) 100Jahre Missionshaus St. Wendel. 1898 – 1998, Bd. 2: Geschichte – Aufgaben – Personen. S. 118-146. Steyler Verlag, Nettetal 2000.


© imprimatur März 2012
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