Eine Stellungnahme des Nationalteams von JONAS

In diesem Herbst hat in Frankreich die kirchliche Reformgruppe JONAS ein „Communiqué“ veröffentlicht, das sich, angeregt durch das deutsche „Theologen-Memorandum“ vom Februar und die österreichische „Pfarrer-Initiative“ vom Juni 2011, gegen die römische Verweigerung einer längst überfälligen Kirchenreform wendet. Die Inhalte sind – wie könnte es auch anders sein – im Grunde dieselben wie in anderen Ländern. Von Interesse ist jedoch die Gewichtung und besondere Akzentuierung der Reformanliegen aus französischer Perspektive.

Wir dokumentieren nachfolgend die französische „Stellungnahme“ in Kurzform in deutscher Übersetzung. Die ausführlichere Originalversion, sowie eine deutsche Übersetzung, findet sich auf der Homepage von JONAS (siehe unten). Red.

Eine Stellungnahme des Nationalteams von JONAS

22. September 2011

Verschiedene Ereignisse und Initiativen erschüttern heutzutage die katholische Kirche. Das ist in dieser Zeit der gesellschaftlich-kulturellen, wirtschaftlichen, politischen, ethischen und religiösen Umwälzungen nicht erstaunlich. Das Schlimmste wäre, davor die Augen zu verschließen, sich zurückzuziehen oder das Gespräch darüber zu verweigern. Für uns ist evident, dass dies nicht geschehen darf.

Von allen Seiten, besonders in verschiedenen europäischen Ländern, werden eindringliche Appelle an die katholische Kirche gerichtet, sie solle endlich bestimmte dringende Fragen zur Kenntnis nehmen. JONAS möchte in erster Linie drei Befürchtungen hervorheben, die verdienen, aufgenommen und debattiert zu werden.

  1. Eine erste Befürchtung betrifft die Treue zur Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils. Sie wird hervorgerufen durch das Treffen zwischen Kardinal Levada, dem Präfekten der Glaubenskongregation, und Msgr. Fellay, dem Generaloberen der Pius-Bruderschaft. Hier wird die Legitimität des Konzils als solche aufs Spiel gesetzt, mit schwerwiegenden damit verbundenen Fragen: Kollegialität der Bischöfe, interreligiöser Dialog, Ökumenismus, Religionsfreiheit.
    Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren „Personalprälatur“ – nach der des Opus Dei – lässt unserer Ansicht nach nichts Gutes ahnen. Wir befürchten, dass dies die Rechtfertigung einer Kirche in der Kirche bedeutet, und zwar durch einfachen Beschluss des Papstes. Wird man die Erneuerungen, die das Zweite Vatikanum gebracht hat, auf dem Altar von zu allem entschlossenen Integristen opfern?
  2. Ein zweiter Aspekt, der mit dem (inner)kirchlichen Leben verbunden ist, zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich: Auf Diözesansynoden werden immer wieder Themen behandelt, die ständig wiederkehren, die aber nach Rom weiterzuleiten merkwürdigerweise verboten ist.
    Eine der am häufigsten gestellten Fragen betrifft die Einstellung der katholischen Kirche zu den wiederverheirateten Geschiedenen. Sie wird nun auch von höheren Instanzen der Amtskirche, wie dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, von zahlreichen Pfarrern und einem täglich wachsenden Teil des christlichen Volkes gestellt.
  3. Wir heben auch die Frage des Amtes hervor. Die Situation der Priester, deren Zahl ständig ab- und deren Alter ständig zunimmt, ist zu einer wirklichen Herausforderung geworden. Etliche arbeiten sich buchstäblich zu Tode in einem Dienst, der sich zu oft nur noch auf den Gottesdienst beschränkt; neue Formen der Pastoral werden nur zögerlich umgesetzt.
    Zu den Fragen, die in Frankreich und anderswo gestellt werden, zählt die nach der Priesterweihe verheirateter Männer. Mancherorts taucht auch die Frage nach der Weihe von Frauen entweder zum Diakonat oder zum Priestertum auf. Zweifellos muss man dabei unterscheiden, was theologisch möglich ist, und was in der gegenwärtigen Situation nicht opportun ist.

Ein weiterer Punkt zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich: der kulturelle Bruch zwischen der Kirche und der Gesellschaft. Das ist unsere Hauptsorge. Die Sprache, die Riten, die Kommunikation und die Art und Weise zu fühlen und zu denken sind fremd und für die Mehrzahl unserer Zeitgenossen unzugänglich geworden. Wir erleben eine veritable Emanzipationsbewegung von Autorität und Tradition. Auf der anderen Seite: Muss nicht der Begriff der „Neuevangelisierung“, die auf der Tagesordnung steht, dringend geklärt werden? Inwiefern soll die Evangelisierung neu sein?

Was bei diesen Herausforderungen unserer Zeit auf dem Spiel steht, ist nichts weniger als eine Kirche im Gespräch. Wir wollen dazu unseren bescheidenen Beitrag leisten und wären glücklich über Ihre eigenen Stellungnahmen dazu.

Nationalteam JONAS

Kurze Vorstellung von JONAS:

Die Gruppen JONAS sind in den Jahren 1987-88 entstanden, aus der Sorge um das große Projekt Zweites Vatikanum: „eine Kirche, die sich von der Welt befragen lässt, eine Kirche, die der Welt ein hörbares und verstehbares Wort anzubieten hat“. Die Gründungsmitglieder von JONAS orientieren sich seit mehr als zwanzig Jahren am Zweiten Vatikanischen Konzil, ohne dieses als Schlusspunkt anzusehen.

JONAS besteht aus Frauen und Männern, pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Priestern und Laien, die bemüht sind, den Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils lebendig zu erhalten. Sie haben in zahlreichen Diözesen (Frankreichs) Gruppen gebildet, geben eine Zeitschrift „Courrier de JONAS“ heraus und betreiben eine Internetseite: groupes-jonas.com, Email-Adresse: redaction@groupes-jonas.com.


© imprimatur Januar 2012
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