Erhard Bertel
Aber das wars dann auch

So werden die Redaktionen der verschiedenen Medien sagen, die eine Woche lang, besonders aber an 4 Tagen, den Namen „Heiliger Vater“, „Papst“ oder „Ratzinger“, stündlich und Stunden lang veröffentlicht haben.

Auch die Sicherheitskräfte, die ganze Stadtviertel abriegeln mussten und Dauerpräsenz an den Orten des Papstaufenthalts zu zeigen hatten, werden mit diesen Worten in einen Tiefschlaf gefallen sein.

Die bunt gewandeten römichen und deutschen Männer der Begleitung mögen ähnliche Gedanken gehabt haben und haben sich auf ihr gewohntes Bett im bischöflichen Palais gefreut.

Und die Politiker, die sich keinen Vorteil für ihre Partei von dem Besuch des Politikers und Religionsführers und bedeutenden Mannes der Zeitgeschichte versprochen haben, die zur Bundestagssitzung kamen, sie verließen oder gleich wegblieben, werden aufgeatmet haben: „es war doch nicht so schlimm“.

Die Messdiener und -dienerinnen, die begeistert mit vielen anderen Jugendlichen applaudiert und ihr „Benedetto“ aus vollem Hals gerufen haben, gehen wieder zur Schule und lassen sich (vergeblich) von ihren Eltern zum sonntäglichen Gottesdienst ermahnen.

Pfarrer, die sich aus ihren Gemeinden abgesetzt haben, pensionierte Priester, die doch dabei sein wollten und die dafür auf ihre Messe vor Ort verzichteten. Ordensfrauen, einzeln oder in ganzen Gruppen, zeigten Präsenz. Letztere bedauerten vielleicht die Kürze des Aufenthaltes.

Die Säuglinge, die dem Papst durch seinen Dauerbegleiter Prälat Gänswein an die Wange gehalten und zum Segensempfang ins Papamobil gehoben wurden, werden erst später von den Eltern von diesem Jahrhundertereignis hören.

Ach ja, da sind ja auch noch die evangelischen Christen, die Erwartungen an dieses Jahrhundertereignis hatten. Sie mussten sich mit symbolischen Gesten zufrieden geben und auch mit dem Hinweis, dass die Einheit der Kirchen (Kirchen?) von innen, aus dem Glauben, kommt, nicht durch aktuelle Entscheidungen von, wenn auch geweihten, Männern herbeigeführt werden kann.

Die Altarinsel im Wert von 1 Million Euro wird abgebaut; die schönen, eigens hergerichteten Bänke in Freiburg werden weiterverwertet. Das aufgeschüttete Kiesbett auf den Wiesen wird wieder abgetragen. Spielt Geld für unsere „verweltlichte Kirche“ in Deutschland überhaupt eine Rolle?
Es soll nicht verschwiegen werden, dass das ein oder andere Ereignis Menschen angerührt und positiv nachdenklich gemacht hat. Wer würde nicht voller Staunen die Kondition eines 84jährigen Mannes bewundern, der von morgens 7 bis abends 22 Uhr, vier Tage lang, sich einem solchen Stress aussetzt und ihn äußerlich bewundernswert bewältigt.

Aber das wars dann doch?
Aus dem Buch Sacharja (8, 20 – 23) wurde in der Liturgie kurz nach der Abreise des Papstes nach Rom dieser Text gelesen:
„Es wird noch geschehen, dass Völker herbeikommen und die Einwohner vieler Städte. Die Einwohner der einen Stadt werden zur anderen gehen.... Auch ich will hingehen…. So spricht der Herr der Heere:
In jenen Tagen werden 10 Männer aus Völkern aller Sprachen einen Mann aus Juda an seinem Gewand fassen, ihn festhalten und sagen: wir wollen mit euch gehen; denn wir haben gehört: Gott ist mit euch!“

Hat es der Papst erreicht, dass bei vielen Katholiken, die sich um ihre Kirche Sorgen machen und sich für eine größere Glaubwürdigkeit einsetzen, solch ein Wunsch aufgekommen ist, ihn „festzuhalten“? Sind die vielen Enttäuschten, in der Kirche und außerhalb, mit einer solchen Wehmut beim Abschied des Papstes von Deutschland am Flughafen gestanden? Sind alle Katholiken, die ernsthaft glauben, Reformen innerhalb der Kirche könnten weiterhelfen, zur Auffassung des Papstes gelangt, dass wir keine Reform der Kirche (siehe Luther) brauchen, sondern einen tieferen Glauben und eine größere Liebe zum Vatikan und seinen Repräsentanten?

Nun kommen die deutschen Bischöfe zu ihrer Konferenz zusammen und werden die Papstreise analysieren. Sie werden, unter sich, den Fortgang des „Dialoges“ mit ausgewählten Katholiken besprechen. Das Bistum Trier wird zur Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 einladen, mit der Hoffnung, dass es einen ähnlichen guten Zuspruch hat wie der Papst.

Die Statistiker werden weiter ihre Zahlen veröffentlichen. Es wird weiter unterschieden zwischen kritischen Katholiken, die ihre Hoffnung auf kirchliche Reformen nicht aufgeben und solchen, die der Kirche und ihren Repräsentanten wohlwollend und gehorsam gegenüber stehen.

Das wars dann doch.


© imprimatur Dezember 2011
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