Es muss ja nicht gleich eine Päpstin sein

In der Fuldaer Zeitung vom 9. Juni 2011 nimmt der frühere Oberbürgermeister der Stadt Fulda Dr. Wolfgang Hamberger Stellung zur derzeitigen Situation in der katholischen Kirche.
Wir geben einige seiner Gedanken wieder.

„Als Katholik - und nur als solcher spreche und werte ich - bin ich zwar zutiefst davon überzeugt, dass die Kirche niemals untergehen wird, weil sie zuerst Jesus-Bewegung ist und bleibt und erst danach als Amtskirche mit ihren zum Teil verkrusteten Strukturen und einem oft zu feudalen Gehabe in Erscheinung tritt. Aber es treibt mich um, dass vom Aufbruch des Zweiten Vatikanums so wenig übrig geblieben ist. Die Kirche wird gebraucht! Warum nutzt sie so wenig ihre Chance?“

Eine Diskussion darüber, was sich ändern müsste, soll im stillen Kämmerlein, hinter verschlossenen Türen, mit viel Zeit und in aller Ruhe zu besprochen werden, höre er sagen. „Das wäre der falsche Weg. Vielmehr müssen die Laien als lebendige Glieder der Kirche so redlich wie ehrlich in den Gemeinden und mit ihren Kirchenoberen den Dialog führen. Nun komme mir niemand mit dem Argument, dafür gäbe es doch Gremien. Ja, es gibt sie. Doch wo und wie werden sie eingeschaltet und ernst genommen? Wer nimmt sie wahr? Was bewegen sie? Als einer, der acht Jahre im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZDK) engagiert mitgearbeitet hat und sich je eine Periode im Katholikenrat der Diözese Fulda sowie im Pastoralverbundrat Florenberg-Ziehers Süd vorrangig dem Thema „pastoraler Prozess" widmete, und nicht zuletzt als jemand, der seine Kirche als geistig-religiöse Heimat begreift, kann ich mir ein Urteil erlauben: Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander, und ich zweifle, ob, vom ZDK einmal abgesehen, es überhaupt jemand merken würde, wenn es diese „Räte" nicht mehr gäbe. Dabei lebt in ihnen unglaublich viel individueller Eifer, und die meisten Mitglieder sind engagiert und motiviert, leider aber aus Erfahrung auch ziemlich frustriert.“

Wenn man den ein oder anderen Grund benenne, der zu dieser Situation führt, dann kommen viele zu dem Schluss:

„Am Ende steht der Priestermangel. In dieser Situation denkt man in der Kirche darüber nach, sogenannte viri probati, also in der Auslaufphase ihres Zivilberufes stehende, verheiratete Männer, die sich nichts haben zu schulden kommen lassen und kirchlich so gesehen als bewährt gelten, zu Priestern zu weihen. Damit würde einmal mehr das Männliche in der Kirche dick unterstrichen, und die Frauen wären erneut außen vor gelassen, obwohl es unter ihnen im Sinne von Berufung viele echte Berufe gibt. ..

Diakonin, das ist ein ungehobener Schatz! Für die Kirche könnte er zu einem wahren Segen werden, weil die jungen Frauen, die dazu bereit wären, nicht nur ein theologisches Vollstudium absolvieren und somit mehr als eine Schmalspur-Qualifikation erlangen würden, sondern auch das Charisma und die Natur des Weiblichen offiziell und weithin sicht- und erfahrbarer in der Kirche wirksam werden ließen. Es muss ja nicht gleich eine Päpstin sein!“


© imprimatur Oktober 2011
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