Fundsachen

Um es kurz auf einen Nenner zu bringen: Vor dem Zölibat gibt es nur eine Alternative: Entweder es gibt Gott, oder der zölibatär lebende Mensch ist verrückt. Eine andere Alternative gibt es nicht! Wer Ehe und Familie – eine so elementare Möglichkeit des Lebens – aufgibt, um allein durch die Welt zu gehen, der muss krank sein oder einen anderen wichtigen Grund haben, der ihn dazu bewegt. Und das ist die Wirklichkeit des lebendigen Gottes.

Joachim Cardinal Meisner (Mariä Lichtmess 2011)


Von keiner andern Kappe (man sage mir nichts von der Schlafkappe) kann eine Bischofsmütze abgelöset werden als von der Narren- und Schellenkappe.

Jean Paul (in der damaligen Rechtschreibung!)


Wiederholt habe ich in der Vergangenheit die Kirche in Deutschland mit einem Auto verglichen, dessen Karosserie zu groß und dessen Motor zu klein ist. Wir müssen folglich vor allem den Motor (die geistliche Kraft) stärken und vergrößern, bevor wir die Karosserie (die Strukturen und Verfahrenswege) umlackieren, umgestalten - oder gar verbeulen.

Joachim Cardinal Meisner (28. März 2011)


43 Minuten

Nach den vielen guten Gründen, die in den vergangenen Wochen gegen Atomkraft gehört worden sind, greifen ihre Befürworter nun zu verblüffenden Argumentationen. In ihrem Zentrum steht die männliche Einsamkeit. An sie hatten die Atomkraftgegner bisher tatsächlich nicht gedacht. Der Hinweis auf diese Fahrlässigkeit erreicht uns aus der Türkei. Dort wird demnächst ein russisches Atomkraftwerk in einem Erdbebengebiet gebaut. Über ein weiteres verhandelt die Regierung noch - unter anderem mit den Japanern. In der Bevölkerung sorgt beides für eine gewisse Unruhe, die der türkische Energieminister Yildiz natürlich entkräften will. Er bedient sich dazu höchst abenteuerlicher Zahlen: Ein Mensch, der in der Nähe eines Atomkraftwerkes wohne, sterbe im Durchschnitt tatsächlich 43 Minuten früher als andere, gab er zu. Im Vergleich zu anderen Gefahren sei die Nachbarschaft zu einem Atomkraftwerk jedoch vernachlässigbar: Herzerkrankungen senkten die Lebenserwartung um 2,1 Tage; Alkohol um 130 Tage; Rauchen um 2,3 Jahre und Armut um 700 Tage. Am lebensbedrohlichsten von allem aber sei immer noch das Junggesellentum. Da nämlich unterschreite die Lebenserwartung den Durchschnitt um ganze sechs Jahre. Sechs Jahre! Das sind schockierende 2190 Tage! Reflexhaft hatten wir Atomkraftgegner schon überlegt, was sich in 43 Minuten alles Phantastisches erleben lässt - oder eben auch nicht mehr. Ein Junggeselle zu sein ist aber offensichtlich auch nicht einfach. Und wie schwer muss es erst sein, wenn man als männlicher Single in der Nähe eines Atomkraftwerkes wohnt und durch Rauchen und Trinken Herz und Vermögen strapaziert. Folgt man den Zahlen des türkischen Energieministers, dann sinkt die Lebenserwartung unter diesen Umständen um ganze 3861,6 Tage!- Deshalb empfehlen wir: Nutzen Sie die 43 Minuten. Die reichen nämlich gerade aus, um eine schöne Kontaktanzeige zu formulieren. Vielleicht antwortet die Frau des Lebens, die weit weg neben einer Windkraftanlage wohnt. Sie ziehen zu ihr, sie gewöhnt Ihnen Rauchen und Trinken ab, und jeder neue Tag beginnt mit einer Runde Joggen.

Kkr
Frankfurter Allgemeine vom 7.4.2011
(Anmerkung der Redaktion: Kleriker werden aufgeschreckt durch den Hinweis auf die männlichen Singles und ihre Lebenserwartung)


Ich habe oft ausdrücklich wahrgenommen, dass unverständliche lateinische Worte vermittelst ihrem ausländischem Schalle den Zuhörer weit mehr bewegen, bessern und erleuchten als unverständliche deutsche. Für jeden Freund der Religion – und für einen solchen geb´ ich mich aus – musste es eine äußerst angenehme Erscheinung sein, dass neulich gewisse katholische Länder in die gefährliche Abschaffung der lateinischen Kirchensprache nicht willigten, sondern sich gegen sie auf das Ernstlichste und (soviel ich weiß) auch so glücklich setzten, dass sie das kostbare Kirchenrecht noch jetzt behaupten, in einer fremden Sprache zu beten, so wie die Bedienten in einer fremden (in der französischen nämlich) fluchen.

Jean Paul (um 1785)


Osama bin Laden aus der Sicht von Peru:

Dort hat Präsident Alan Garcia die These vertreten, es sei der eben seliggesprochene Papst Johannes Paul II. gewesen, der Osama bin Laden, „diese Inkarnation des Teufels", durch ein Wunder aus der Welt geschafft habe. Wie man weiß, bedarf es eines zweiten Wunders, um von der Selig- zur Heiligsprechung zu kommen. Aus dem Vatikan hört man, Papst Benedikt XVI. habe sich zurückgezogen, um Garcias Theorie im Licht seines Wissens zu prüfen. An seiner Tür soll ein Zettel hängen: „Bin nachdenken."

Aus: Das Streiflicht, Süddeutsche Zeitung vom 4. Mai 2011


© imprimatur Juni 2011
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