Die Glosse

Rauschheim bei Eis und Schnee

Lieber Sepp,

Du warst ja in meiner Werkstatt dabei, wie der protestantische Kumpel Emeran uns seinen Ehebruch quasi mit Katzenjammer gebeichtet hat, und wie wir zwei ihn dann soweit hatten, dass er zur katholischen Beicht gehen wollt. Dann aber, Du erinnerst Dich, wurde er mit einem Schlag pampig und trumpfte auf, als wie wenn er seinen Schlamassel an der Lossprechung des Priesters vorbei mit sich und seiner Frau allein ins Reine bringen könnt.

Weil für unseren Vorwitz der Fall dunkel wie ein Krimi war, hab ich inzwischen den Pater Gescheitle gebeten, Klarheit in den Fall zu bringen. Der Pater ist eine Kanone auf dem Gebiet von den sexuellen Todsünden. Drum hat er bei seiner Antwort weit ausgeholt: „Der Ehebruch von dem Emeran war nur Ehebruch, weil der Geschlechtsverkehr von ihm als Ehegatte mit einer dritten Person vollbracht worden ist. Jetzt käms noch drauf an, ob die Weibsperson auch selber verheiratet war. Wenn nicht, handelt es sich nur um einen einfachen Ehebruch, ist sie aber verheiratet, liegt ein doppelter Ehebruch vor. Im ersten Fall bricht Emeran nur seine Ehe, im zweiten Fall seine und die von ihr dazu. Wenn aber keiner von beiden verheiratet gewesen wär, mal angenommen der Emeran wär noch Junggeselle, dann läg überhaupt kein Ehebruch vor, sondern nur eine ganz gewöhnliche Todsünde nach dem sechsten Gebot, die den Täter aber auch in die Hölle stürzt.“

Weil der Pater in Fahrt kam, hat er mir obendrauf noch verklickert: „Ehebrecherisch sind auch schon Berührungen, Küsse und Begierden, nicht aber Blicke“. Wie ich ihn drauf verdutzt angeschaut hab, sagt er mir: „Joseph, man muss als Laie bei dieser hochtheologischen Problematik nicht alles verstehen, das musst Du einfach schlucken.“ Es ist schwer, sich auf diesem für das Seelenheil gefährlichen Terrain einigermaßen auszukennen.

Jetzt nochmals zurück zu dem Emeran der aus seiner Ratlosigkeit heraus den Willen, katholisch zu beichten, geäußert hatte. Der Pater sagt, seine Beicht hätte funktioniert, und er hätt danach erleichtert wie ein gebeichteter Katholik unsere Kirchentreppe herunterhüpfen gekonnt, denn „Fähig das Bußsakrament zu empfangen, ist jeder Getaufte.“ Und dann ging dem Gescheitle wieder der Gaul durch: „Das Bußsakrament ist bei allen zum Heil nötig, die nach der Taufe in schwere Sünde gefallen sind, z. B. durch Ehebruch. Kann aber das Bußsakrament nicht tatsächlich empfangen werden, dann genügt das Verlangen nach der Sündenvergebung. Ohne diesen Ausweg gings mit den Protestanten wegen ihrer Sexualsünden wie auf einer Rutsche unaufhaltsam in den Höllenschlund hinab.“

Ich hab mir das alles durch den Kopf gehen lassen und drauf bei dem Pater nachgebohrt: „Wie ist das aber mit der Sündenvergebung, wenn wie beim Emeran das Verlangen danach tatsächlich bestanden hat, wenn auch nur vorübergehend? Der Ehebruch müsst ja in dem Augenblick vergeben gewesen sein. Kommt die Sünde wieder zurück, sobald der Beichtwille schlapp macht?“ Der Pater hat sich in die Brust geworfen und mich spitz gefragt: „Joseph, meinst Du wirklich, dass der liebe Gott nicht im Voraus wüsste, ob ein Beichtwille nur aufflackert oder dauern wird?“ Und dann hat er wissend gelacht und nur noch gesagt: „Na also!“

„Zu Deiner Frage, Joseph, warum die Sündenvergebung mit der betrogenen Frau nicht klappt, wohl aber die über den unbeteiligten Priester“ schulmeisterte der Pater mich tiefernst: „Urheber der Ehe ist Gott, und der Priester sitzt an Gottes Stelle im Beichtstuhl. Also, durch den Ehebruch vom Emeran, wird der liebe Gott als erster gekränkt, und diese Kränkung kann nur der Beichtvater mit der Vollmacht Gottes beseitigen. Die eigenmächtige protestantische Lösung zwischen Mann und Frau klammert Gott den Herrn aus, ist darum belanglos und bewahrt den Ehebrecher nicht vor dem ewigen Feuer der Hölle. Du siehst, was für einen Vorteil es bringt, wenn unsereiner als Katholik in den Ehebruch gerät“, dann gibt’s kein Problem, ab zur Beichte und die Sach ist erledigt.

Sepp, es ist nicht ganz leicht dem Pater als theologischer Ehelaie in allem zu folgen! Aber am Donnerstag beim Stammtisch gehen wir die Sache nochmals unter uns an.

Dein Freund Joseph

P.S.: Das mit dem Ablass sieht der Pater so: “Wenn wir den Ablass links liegen lassen, bedeutet das ja nicht, dass mit dem Ablass unseren lieben Verstorbenen im Fegfeuer nicht zu helfen wär, sondern nur, dass wir die armen Seelen herzlos und unbeteiligt in den Flammen schmoren lassen.

Mit dem Nachlassen der Beicht ist es genauso: Die Beichte ist eigentlich die Allzweckwaffe gegen Sünden jeden Kalibers, aber wir nutzen sie nicht, uns damit den Weg zum Himmel freizuschießen.


Karikatur:


© imprimatur März 2011
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