Allah, Blasphemiegesetze und ein Todesurteil
Islamische Fundamentalisten in Pakistan setzen Staatspräsident Asif Ali Zardari wegen einer zum Tode verurteilten Christin unter Druck

Der Fall beschäftigt seit Wochen die pakistansche Justiz – und jetzt auch die Regierung. Nach weltweiten Prosteten hatte Staatspräsident Asif Ali Zardari angekündigt, die wegen Gotteslästerung verurteilte Christin Asiya Bibi begnadigen zu wollen. Doch der oberste Gerichtshof in Lahore, der über den Einspruch der Verurteilten zu entscheiden hat, maßregelte den Präsidenten der islamischen Republik scharf: solange das Berufungsgericht nicht über das Urteil befunden hat, könne der Präsident „nicht von seinem Recht Gebrauch machen“, das Leben der Verurteilten zu verschonen – selbst wenn er dies will. Zardari zog seine Entscheidung zurück. Bei Redaktionsschluss war das Ergebnis der gerichtlichen Überprüfung noch offen.

Die 45jährige Katholikin Asiya Bibi wurde Anfang November von einem Gerichtshof zum Tode durch Erhängen verurteilt, weil sie angeblich den Gott des Islam beleidigt hat (vgl. CiG Nr. 46, S. 526). Sie selbst bestritt dies. Für solche Vergehen sehn die Blasphemiegesetze Pakistans schwerste Strafen vor.

Die Begnadigung war vom christlichen Minister für Minderheiten, Shabaz Bhatti, dem Staatspräsidenten vorgeschlagen worden, um den Konflikt zu entschärfen. Bhatti vertritt die Ansicht, dass Bibi unschuldig und das Opfer einer Dorffehde geworden sei. Zudem prüfe die Regierung eine Reform der Blasphemiegesetze, die von Menschenrechtlern als inhuman kritisiert werden. Dass diese Gesetze abgeschafft werden, ist allerdings unwahrscheinlich. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitierte einen islamischen Beobachter: „Die meisten Menschen finden es unislamisch, die Blasphemiegesetze abzuschaffen.“ Diese Gesetze sehen vor, dass jegliche Beleidigung des Gottesnamens „Allah“, des Religionsgründers Mohammed oder des Korans bestraft wird. In den Großstädten Karatschi, Lahore und Islamabad haben Demonstrationen stattgefunden, die von islamischen Geistlichen angeführt wurden und die „mit allen Mitteln“ von der Regierung die Vollstreckung des Todesurteils forderten. Christen, Buddhisten und Hindus wiederum waren für eine Freilassung von Asiya Bibi auf die Straßen gegangen.

Die Unschuld gerichtlich klären

Die Regierung Zardari steht unter dem Druck islamischer Fundamentalisten, die ihr vorwerfen, zu liberal zu sein. Islamische Geistliche aus der in den pakistanischen Moscheen vorherrschenden radikalen Deobandi-Schule sagten der Zeitung „Express Tribune“, eine Begnadigung Bibis könne schwere Folgen haben. Unverhohlen drohten sie der Regierung, man solle keine voreiligen Schlüsse unter dem Druck des Auslandes treffen.

Erzbischof Lawrence Saladanha, Vorsitzender der pakistanischen Bischofskonferenz, gab zu bedenken, dass eine Begnadigung Bibis den Schuldspruch nicht aufheben und möglicherweise sogar einen Aufruhr radikaler Moslems herausfordern würde. Zudem sein eine Begnadigung eine Art indirektes Schuldeingeständnis der Verurteilten. Saladanha sprach sich stattdessen für ein neue Ermittlung und einen weiteren Prozess vor dem Obersten Gerichtshof aus, „Damit die Unschuld unmissverständlich“ festgestellt wird.

Auch unter Parlamentariern findet Asiya Bibi vereinzelt Unterstützung. So brache Sherry Rehmann von der regierenden Volkspartei einen Vorschlag ins Parlament, wonach Gotteslästerung nur noch mit Gefängnis bestraft werden sollte. Die librale englischsprachige „Daily Times“ kritisierte, dass im Falle Bibis „die Politiker die Mullahs verhätschelten“ Der islamische Geistliche Muhammad Hafiz verurteilte das Gerichtsurteil, weil der Islam die Menschen lehrt, „religiöse Minderheiten zu schützen“. Asiya Bibi sei unschuldig und Opfer von Extremisten geworden. Hafiz berichtete von einem anderen Fall, bei dem ein evangelischer Pfarrer und dessen Bruder angeklagt waren, einen kritischen Kommentar zu Mohammed verfasst zu haben. „Nachdem sie im Gericht von Faisalabad verhört worden waren, wurden sie vor dem Gerichtsgebäude erschossen.“ Hunderte von Muslimen hätten vor dem Gericht eine Bestrafung der Angeklagten mit dem Tode gefordert.

Aus: Christ in der Gegenwart 49/2010


© imprimatur März 2011
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