„Der Beruf des Priesters hat Zukunft“
Erzbischof Robert Zollitsch würdigt Abschluss des Priesterjahres

Am Freitag, 11.06., endete das von Papst Benedikt XVI. vor einem Jahr ausgerufene „Jahr des Priesters“. Höhepunkt war eine internationale Wallfahrt von Priestern und Bischöfen aus über 90 Nationen nach Rom. Mehrere Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz und rund 1.000 Priester aus Deutschland beteiligen sich an dieser Wallfahrt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, bezeichnete das Priesterjahr als Geschenk. „Ich bin Papst Benedikt XVI. sehr dankbar für seine Initiative, die den Blick in diesem Jahr verstärkt auf den Priester und seinen Dienst für Kirche und Welt gelenkt hat.“ Dabei gehe es nicht nur darum, wie die Kirche wieder mehr Priesterberufungen bekommen könnte, sondern um grundsätzliche Fragen: die priesterliche Existenz, das priesterliche Selbstverständnis, der priesterliche Dienst. Erzbischof Zollitsch: „Hier haben wir im Priesterjahr Stärkung erfahren dürfen. Auch wenn die Diskussion um die Missbrauchsfälle das Priesterjahr teilweise überschattete, bin ich dankbar, dass uns viele Gläubige ermutigt haben, die von Priestern berichten, die ihren Dienst gut und gewissenhaft leisten.“ Ausdrücklich unterstrich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, dass der Beruf des Priesters Zukunft habe: „Der Priesterberuf ist ein Geschenk, um das wir beten müssen. Es gilt darauf zu achten, den priesterlichen Dienst nicht zu überfordern. Das große weltweite Echo, das das Priesterjahr gefunden hat, stärkt die Hoffnung, dass die ermutigenden Impulse des Papstes auch weit über das Jahr hinaus weiter wirken“, so Zollitsch.

Wir sind Kirche fordert eine „Dekade des Volkes Gottes“ zum Ende des „Jahres des Priesters“

Ganz anders sieht das „Wir sind Kirche“ in einer Stellungnahme:

Vertreterinnen der weltweiten katholischen Frauenordinations-Bewegungen haben auf einer Pressekonferenz in Rom Papst Benedikt XVI. aufgefordert, das stark beschädigte Priestertum durch die Weihe von Frauen zu heilen und ihre volle und gleichberechtigte Teilnahme an der katholischen Kirche zu akzeptieren. Direkt im Anschluss an die Pressekonferenz haben die Frauen mit einer Mahnwache auf dem Petersplatz gegen das vom Vatikan ausgerufene "Priesterjahr" protestiert, das vom 9. bis 11. Juni 2010 mit einer internationalen Versammlung von Priestern im Vatikan zu Ende ging.

Am Ende eines enttäuschenden „Jahres des Priesters“ und einem katastrophalen Jahr für die gesamte römisch-katholische Kirche fordert die Internationale Bewegung Wir sind Kirche eine „Dekade des Volkes Gottes“.

Anglika Fromm aus Mainz hat dabei als Vertreterin der Internationalen Bewegung Wir sind Kirche und der deutschen "Lila Stola-Bewegung" in Rom folgende Stellungnahme abgegeben:

Was will uns die Lebendige Geistkraft Gottes am Ende dieses „Jahres des Priesters“ sagen? Die römisch katholische Kirche ist weltweit in einer tiefen Krise. Die klerikale Hierarchie ist unglaubwürdig geworden und kann nicht länger als Fundament für die institutionelle Struktur und Autorität der Kirche dienen. Die schockierenden Enthüllungen über sexuellen Missbrauch an Kindern, Jugendlichen und Frauen in der römisch-katholischen Kirche und ihre jahrzehntelange Verschleierung zeigen deutlich die skandalösen Verirrungen, die von einer männlichen Priesterschaft mit erzwungener Enthaltsamkeit verursacht werden können. Damit wird das traditionelle Priesterbild endgültig infrage gestellt.

Selbst die päpstliche Zeitung L'Osservatore Romano veröffentlichte einen Artikel von Lucetta Scaraffia, Professorin der Geschichte, in dem sie argumentiert, dass der Ausschluss von Frauen aus der Kirchenleitung mitverantwortlich sei für die sexuelle Gewalt durch Männer, die dann von männlichen Allianzen geheimgehalten wurde.
Wir sind Kirche begrüßt die gegenwärtigen Aktivitäten des Papstes zur Bekämpfung dieses Unrechts in der Kirche. Aber wenn Papst Benedikt ein „Mea Culpa“ bekennt für die Jahrzehnte von Kindesmissbrauch durch Priester und deren Vertuschung durch Bischöfe, dann müsste nach den Lehren des römisch-katholischen Katechismus auch der Wille zur Veränderung und die feste Absicht folgen, alles zu tun, was erforderlich ist, um diese Verbrechen in Zukunft zu verhindern. Das „Mea Culpa“ kann aber von den Opfern sowie von den Gläubigen nur akzeptiert werden, wenn wesentliche strukturelle Veränderungen in die Praxis umgesetzt werden, die effektiv die Gefahr des sexuellen Missbrauchs und ihre Verschleierung vermindern.

Die Internationale Bewegung Wir sind Kirche fordert Papst Benedikt auf, seinen Elfenbeinturm zu verlassen und sich den drängenden Anforderungen des heutigen Lebens zu stellen. Millionen katholischer Männer und Frauen auf der ganzen Welt haben ihr Vertrauen in die kirchliche Hierarchie verloren und die Kirche verlassen. Um diese Menschen wieder für unsere Kirche zu gewinnen, müsste der Papst mit derselben Entschiedenheit, mit der er jetzt für eine Null-Toleranz-Strategie gegen sexuellen Missbrauch eintritt, die dringenden Reformen einleiten.

Eine große Mehrheit der Gläubigen ist bereit für diese Reformen, wie internationale Studien wieder und wieder bewiesen haben. Angesichts der pastoralen Notsituation in unseren Gemeinden braucht unsere Kirche dringend eine große Zahl von verheirateten oder unverheirateten Seelsorgern und Seelsorgerinnen, die Gemeinden in überschaubaren Größen leiten; das Charisma ist entscheidend, nicht das Geschlecht oder der Familienstand. Der Papst hätte nach dem Kirchenrecht jetzt schon die Möglichkeit, Ausnahmeregelungen (Indult) für berufene Frauen und Männer, ob verheiratet oder nicht, einzuführen. Es ist ein Zeichen der Hoffnung, dass unter anderem Kardinal Schönborn von Wien / Österreich und Erzbischof Schick von Bamberg / Deutschland vor kurzem die Aufhebung des Pflichtzölibates andachten.

Jetzt ist die Zeit, um längst überfällige Reformen zu beginnen! Traditionen müssen in jede Zeit neu ausgesagt werden und Tradition und Gegenwart sind keine Gegensätze. Das Lehramt muss und kann nicht an gültigen Menschenrechten und den Regeln der Demokratie vorbei starre Lehren aufrecht erhalten. Gleiche Rechte für Männer und Frauen sind unverzichtbar, in Staat und Kirche.

Deshalb fordert Wir sind Kirche die Mitbeteiligung der Gläubigen auf allen Ebenen, die Zulassung von Frauen zu allen Ämtern in der Kirche, die Aufhebung des Pflichtzölibates und eine humane Sexuallehre, die auf den aktuellen Erkenntnissen der Humanwissenschaften und der Gewissensentscheidung des Einzelnen basiert.

Nach dem Kodex des Kanonischen Rechts Can. 212 „... haben die Christgläubigen das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, den geweihten Hirten ihre Meinung zu sagen, wenn es um das Wohl der Kirche geht, und diese Meinung auch den anderen Gläubigen mitzuteilen“.

Viele im Volk Gottes sind überzeugt, dass die Lebendige Geistkraft unsere Kirche in die tiefste Krise seit der Reformation geführt hat, jetzt aber grundlegende Erneuerungen verlangt. Theologie und Pastoral sind seit langem darauf vorbereitet.

Ermutigt durch das Zweite Vatikanische Konzil, das die Position des Volkes Gottes in der Kirche gestärkt hat, fordert Wir sind Kirche eine „Dekade des Volkes Gottes“.


© imprimatur Oktober 2010
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