Legionäre Christi unter Vormundschaft gestellt

Der Vatikan hat am 1. Mai eine außergewöhnliche Entscheidung bekannt gegeben; er hat nämlich die Legionäre Christi, eine ultra-konservative, katholische Ordensgemeinschaft, die 1941 von Pater Marcial Maciel gegründet worden war, unter Vormundschaft gestellt. Ein vom Papst ernannter Beauftragter soll die Bewegung leiten, die durch eine Reihe von Enthüllungen, die der Papst heute „unsittliche Handlungen“ des Pater Maciel nennt, erschüttert wird.

Ende 2009 hatte Papst Benedikt XVI. eine päpstliche Untersuchung der Bewegung angeordnet, deren 2006 verstorbener Gründer sexueller Misshandlungen an Minderjährigen (darunter an eigenen Kindern), an Seminaristen und Liebschaften mit mehreren Frauen beschuldigt wird. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen, die bekannt wurden zu einer Zeit, da die Katholische Kirche in der ganzen Welt mit Pädophilie-Skandalen konfrontiert ist, sind eine Anklage gegen den Gründer der Ordensgemeinschaft und damit auch gegen seine Umgebung.

Laut der mit der Untersuchung beauftragten Bischöfe hat sich Pater Maciel „sehr schwerwiegende und objektive Vergehen, die durch unbestreitbare Zeugnisse bestätigt wurden, zuschulden kommen lassen, regelrechte Verbrechen, die von einem Leben zeugen, das keine Bedenken und echte religiöse Gefühle kannte“. „Er hat es geschafft, sich das Vertrauen und das Schweigen seiner ihm Nahestehenden zu erschleichen und hatte um sich einen Verteidigungsapparat aufgebaut, der ihn lange unangreifbar machte“. Die Legionäre haben erst kürzlich die Verbrechen ihres Gründers eingestanden.

Die ersten Anschuldigungen wurden Ende der 1950er Jahre laut, aber sie hatten nie Folgen. Die Wirksamkeiten der Bewegung, – 800 Priester, 2.500 Seminaristen und 70.000 Laien weltweit – die Nähe des Papstes Johannes-Paul II., und die Finanzkraft der Legionäre, deren Besitz auf etwa 25 Milliarden Euro geschätzt wird, haben sie lange vor Kritikern geschützt.

Einige Monate nach seiner Wahl hat sich Benedikt XVI. der Sache angenommen und forderte Pater Maciel auf zurückzutreten.

Stéphanie Le Bars in Le Monde 2. Mai 2010

aus dem Französischen von Josef-j.martin@t-online.de


© imprimatur Oktober 2010
Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Sagen Sie uns Ihre Meinung zu diesem Artikel!
Bitte füllen Sie die folgenden Felder aus, drücken Sie auf den Knopf "Abschicken" und schon hat uns Ihre Post erreicht.

Zuerst Ihre Adresse (wir nehmen keine anonyme Post an!!):
Name:

Straße:

PLZ/Ort:

E-Mail-Adresse:

So und jetzt können Sie endlich Ihre Meinung loswerden: