Sabine Demel
Ein Stand zwischen Kleriker und Laien – nun auch für Frauen möglich?
Der Diakonat in der geänderten Rechtsbestimmung des kirchlichen Gesetzbuches

Bischof, Priester, Diakon – das sind schon in der frühen Kirche Titel und Funktionen von Männern, die sich in besonderer Weise für das Wachsen und Gedeihen (in) der christlichen Gemeinschaft engagieren. Ab dem fünften Jahrhundert lässt sich nachweisen, dass sie für dieses intensive Engagement eine besondere Zurüstung erhalten, die Gabe und Aufgabe zugleich ist: Sie werden durch Handauflegung geweiht. In der Weihe übereignet sich der Geweihte „ganz und gar Jesus Christus. Er lässt sich geradezu ,in Beschlag‘ nehmen, damit er ihn mit seinem Geist und seiner Gnade erfüllen und ihn für seine besondere Sendung bereit machen kann. Die Weihe ist somit kein magischer Vorgang, sondern ein Sich-Hineinstellen in den Dienst Jesu Christi.“[1]

Die Neufassung der kirchenrechtlichen Grundaussagen über das Weihesakrament 2009

Die theologische und rechtliche Bedeutung, die der Weihe in der Kirche von heute zukommt, ist im Gesetzbuch der katholischen Kirche aus dem Jahr 1983, dem Codex Iuris Canonici (= CIC) erst kürzlich in einigen entscheidenden Punkten neu formuliert worden. Denn im Dezember 2009 hat Papst Benedikt XVI. die ursprüngliche Textfassung der beiden maßgeblichen Gesetzesbestimmungen (= Canones) über die theologischen Aussagen des Weihesakramentes (cc. 1008f) teils abgeändert und teils ergänzt[2]. Ursprüngliche und neue Textfassung gegenübergestellt lauten wie folgt[3]:

c.1008 (in der Fassung von 1983):

„Durch das Sakrament der Weihe werden kraft göttlicher Weisung aus dem Kreis der Gläubigen einige mittels eines untilgbaren Prägemals, mit dem sie gezeichnet werden, zu geistlichen Amtsträgern bestellt; sie werden ja dazu geweiht und bestimmt, entsprechend ihrer jeweiligen Weihestufe die Dienste des Lehrens, des Heiligens und des Leitens in der Person Christi des Hauptes zu leisten und dadurch das Volk Gottes zu weiden“

c.1008 (in der Fassung von 2009):

„Durch das Sakrament der Weihe werden kraft göttlicher Weisung aus dem Kreis der Gläubigen einige mittels eines untilgbaren Prägemals, mit dem sie gezeichnet werden, zu geistlichen Amtsträgern bestellt; sie werden ja dazu geweiht und bestimmt, entsprechend ihrer jeweiligen Weihestufe dem Volk Gottes mit einem neuen und einzigartigen Titel zu dienen.“

c.1009 (in der Fassung von 1983)

„§1. Die Weihen sind Episkopat, Presbyterat und Diakonat.

§2. Sie werden erteilt durch die Handauflegung und das Weihegebet, welches die liturgischen Bücher für die einzelnen Weihestufen vorschreiben.“

c.1009 (in der Fassung von 2009):

„§1. Die Weihen sind Episkopat, Presbyterat und Diakonat.

§2. Sie werden erteilt durch die Handauflegung und das Weihegebet, welches die liturgischen Bücher für die einzelnen Weihestufen vorschreiben.

§3. Die in der Weihe des Episkopats und Presbyterats eingesetzt sind, empfangen die Sendung und die Befugnis, in der Person Christi, des Hauptes, zu handeln; die Diakone aber erhalten die Befähigung, dem Volk Gottes im Dienst der Liturgie, des Wortes und der Caritas zu dienen.“

Nach den Aussagen des Papstes orientieren sich die vorgenommenen Änderungen in den cc.1008f an der entsprechenden Textfassung des Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 1581 KKK) und verfolgen das doppelte Anliegen, sowohl den Unterschied zwischen dem gemeinsamen und amtlichen Priestertum deutlicher werden zu lassen als auch innerhalb des Amtspriestertums das Bischofsamt (= Episkopat) und das Priesteramt (= Presbyterat) klarer vom Diakonat abzuheben[4]. In der Tat ist an der bisher geltenden Textfassung der cc.1008f zu kritisieren, dass erstens nichts über die Zuordnung und Abgrenzung der drei Weiheformen ausgesagt ist und zweitens die Aussage vom Handeln in der Person Christi, des Hauptes, nicht in der gleichen Weise auf den Diakon zutreffen kann wie auf den Bischof und Priester, da das II. Vatikanische Konzil im Kontext des Diakons davon spricht, dass er „nicht zum Priestertum, sondern zum Dienst“ (LG 29,1; vgl. auch LG, 21,2; 28,1; 29,1) das Sakrament der Weihe empfängt.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Diakonats mit dem Episkopat und Presbyterat

Wie die Bischöfe und Priester, so werden auch die Diakone beim Empfang der Weihe mit einem untilgbaren Prägemal gezeichnet. Das geht aus c.1008 CIC/1983 hervor, der über das Weihesakrament insgesamt und somit über alle Ausformungen des Weihesakramentes die Aussage trifft:

„Durch das Sakrament der Weihe werden kraft göttlicher Weisung aus dem Kreis der Gläubigen einige mittels eines untilgbaren Prägemals, mit dem sie gezeichnet werden, zu geistlichen Amtsträgern bestellt; …“

Die seit dem II. Vatikanischen Konzil in der katholischen Kirche offene Frage, wie sich die Weihe zum Priestertum von der Weihe zur Dienstleistung unterscheidet, hat nun Papst Benedikt XVI. Ende des vergangenen Jahres 2009 lehramtlich geklärt, indem er c.1009 durch einen §3 ergänzt hat (siehe oben). Hiernach besteht die entscheidende Grenzlinie darin, dass Diakone nicht „in der Person Christi, des Hauptes“ handeln, wie es die Priester und Bischöfe tun.

Neue offene Fragen hinsichtlich des Diakonats

Die vorgenommene Abgrenzung der Diakonenweihe von der Priester- und Bischofsweihe ist theologisch nicht unproblematisch, zumindest wenn die Aussage aus dem Konzilstext „Presbyterorum ordinis“ (= PO) Art. 2, Absatz 3 zugrunde gelegt wird, wonach die Zeichnung mit einem besonderen Prägemal die geweihte Person mit Christus gleichgestaltet, so dass sie „in der Person Christi, des Hauptes“ zu handeln vermag. Ist somit nach PO 2,3 das Handeln „in der Person Christi, des Hauptes“ eine Wirkung der Zeichnung mit dem untilgbaren Prägemal, empfängt der Diakon zwar (weiterhin) das untilgbare Prägemal – denn diese Aussage des c.1008 ist in der Neuformulierung durch Papst Benedikt XVI. unverändert geblieben –, aber nicht (mehr) die Befähigung, „in der Person Christi, des Hauptes“ zu handeln, wie jetzt unmissverständlich in c.1009 §3 festgelegt worden ist. Das wirft eine Reihe von Fragen auf: Ist der Diakon damit ein Weiheamtsträger bzw. Kleriker zweiter Klasse? Gibt es also Kleriker, die „in der Person Christi, des Hauptes“, handeln, und Kleriker, die das nicht tun? Was unterscheidet dann noch den Diakon vom Laien? Bislang war es der Unterschied in der Qualität seines Handelns. Denn alles, was der Diakon tun kann, konnte bereits in der Vergangenheit und kann weiterhin unter bestimmten Bedingungen auch ein Laie tun, angefangen von den verschiedenen Formen der Verkündigung, der Leitung von Wort- und Gebetsgottesdiensten, der Gabenbereitung und Austeilung der Kommunion bis hin zur Beerdigung, Taufspendung, Eheassistenz und Mitwirkung bei der Ausübung der Hirtensorge in einer Pfarrei. Aber während der Laie diese Tätigkeiten entweder nur „kraft Taufe und Firmung“ oder kraft dieser beiden Sakramente zusammen mit einer kirchenamtlichen Sendung „im Namen/Auftrag der Kirche“ wahrnehmen kann, hat es der Diakon seither kraft seiner Weihe in Verbindung mit einer kirchenamtlichen Sendung „in der Person Christi des Hauptes“ getan. Diese Qualität wird ihm nun rechtlich in c.1009 §3 abgesprochen. Welche Schlussfolgerung ist daraus zu ziehen? Handelt somit der Diakon ab sofort auch nur noch „im Namen der Kirche“ oder gibt es eine neue Stufe kirchlichen Handelns, die zwischen „in der Person Christi, des Hauptes“ und „im Namen der Kirche“ anzusiedeln ist? Wie ist diese dann näher charakterisiert? Jedenfalls beinhaltet die deutlichere Abgrenzung des Diakonats vom Presbyterat und Episkopat umgekehrt eine noch größere Unschärfe in der Abgrenzung von den Laien, so dass sich jetzt erst recht die Frage stellt: Worin liegt das Spezifikum der Diakonatsweihe gegenüber dem Sakrament der Taufe und Firmung?

Ein weiterer Problemkreis ergibt sich hinsichtlich der Einheit des Weihesakramentes: Inwiefern ist mit dieser Grenzlinie zwischen Diakonat einerseits und Priester- und Bischofsweihe andererseits noch die Einheit des Weihesakramentes gewahrt? Führt die Neuregelung nicht dazu, dass der Diakonat durch mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten mit dem Presbyterat und Episkopat gekennzeichnet ist? Denn der Diakonat ist die einzige Weiheform, die erstens in den zwei Ausprägungen als Durchgangsstufe zur Priesterweihe und als Ständiger Diakonat gegeben ist, die zweitens nicht zwangsläufig mit der Zölibatspflicht verbunden ist, da auch verheiratete Männer zu Ständigen Diakonen geweiht werden können, und die drittens nun auch nicht mehr dazu befähigt, „in der Person Christi, des Hauptes“ zu handeln. Welche Auswirkungen sind damit auf die Diskussion um ein Frauendiakonat verbunden? Schließlich gilt gemeinhin die Einheit des Weihesakramentes als ein Hauptargument gegen die Zulassung von Frauen zur Diakonatsweihe, auch wenn es diesbezüglich keine lehramtliche Festlegung gibt. Kann dieses Argument weiterhin aufrecht erhalten werden?


© imprimatur Juni 2010
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[1]Pemsel-Maier, S., Weihe(sakrament), in: Dies., Grundbegriffe der Dogmatik, München 2003, 236f, 236.
[2]Vgl. Benedikt XVI., Litterae Apostolicae Motu Proprio Datae „Omnium in mentem quaedam in Codice Iuris Canonici immutantur“, zugänglich auf: http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/apost_letters/documents/hf_ben-xvi_apl_20091026_codex-iuris-canonici_lt.html.
Wie c.8 vorschreibt, tritt die Neufassung der cc.1008f in Kraft, sobald das Motu Proprio in den AAS promulgiert ist und die drei Monate der Gesetzesschwebe abgelaufen sind.
[3]Die Unterschiede sind kursiv markiert. Die Neuerungen im Text sind von Verf.in ins Deutsche übersetzt; die unveränderten Textteile sind aus dem CIC in der lat.-dt. Ausgabe der Deutschen Bischofskonferenz übernommen.
[4]Vgl. Benedikt XVI., Litterae Apostolicae Motu Proprio Datae „Omnium in mentem”, a.a.O.