Benno Rech
Die Kirche im Dorf lassen!

Klaus Brill, Korrespondent für die Süddeutsche Zeitung in Washington, Rom und derzeit in Prag, für einige Jahre auch Chef von der renommierten Seite Drei, dem Prunkstück der Süddeutschen, weiß, wie man an Informationen kommt, die den meisten versperrt bleiben. Er hat die Gabe, Situationen des Vertrauens zu schaffen, in denen sich seine Gesprächspartner öffnen und gerne Farbe bekennen. Er beweist Gespür für historisch Gewordenes, ob es sich dabei um den örtlichen Gesangverein, die gewerkschaftlichen Aktivitäten oder ein reizvolles Fachwerkhaus handelt.

Ein viel gereister Korrespondent bemerkt kosmopolitische Einwirkungen auf sein Dorf eher als ein eigenbrötlerischer Heimatforscher. Die Leute aus Alsweiler wollen Klaus Brill Einsicht in ihre Lebensverhältnisse geben, das spürt man während des Lesens.

Er macht Alsweiler im Saarland zum Modell für eine weltweite Entwicklung.

Im Zusammenhang seines Buches zu den Auswirkungen der Globalisierung, das aus 14 Reportagen besteht, widmet Klaus Brill eine ausschließlich dem Wandel der Kirchengemeinde, denn er sieht in der Religiosität eine der Säulen des dörflichen Selbstverständnisses. Er verknüpft dabei die kirchliche Entwicklung im Dorf mit dessen gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen Veränderungen unter den schon angesprochenen Bedingungen der Globalisierungsbewegung.

Fairer Handel

Brill berichtet: „Der Gottesdienst war beendet, die Leute strömten unter den Klängen der Orgel nach hinten zum Ausgang, und Michael Werth stand mit seinem Sohn Simon schon unter der Empore hinter dem kleinen Tisch, um sie zu erwarten. Vor sich hatten die beiden ihre Waren ausgebreitet, organischen Bio-Kaffee aus Mexiko, Wildblütenhonig und Kokosriegel, außerdem Wein aus Chile und Südafrika. Dieser Wein war ihr Renner, in einem Jahr hatten sie davon im Dorf nicht weniger als 1800 Flaschen verkauft.“

Die Fürbitten in diesem Erntedankgottesdienst griffen das Thema Entwicklungshilfe auf: Ein Mädchen „trat mit einem Päckchen ‚fair gehandeltem Kaffee’ vor das Mikrofon und erklärte: ,Menschen in anderen Teilen dieser Welt wollen leben von dem, was sie mit ihrer Hände Arbeit verdienen. Wir sollten als Verbraucher darauf achten, dass es gerecht zugeht.’

,Für alle, die kein Gespür mehr für die Grundregeln menschlichen Zusammenlebens haben, denen es an Fairness fehlt.’ “

„Für engagierte Katholiken wie diese Protagonisten des ,Fairen Handels’ ist es keine neue Erkenntnis, dass die geltende Weltwirtschaftsordnung einseitig die reichen Länder bevorzugt und die armen benachteiligt. Als älteste weltumspannende Organisation der Menschheitsgeschichte hat die katholische Kirche sich seit Langem mit solchen Fragen beschäftigt und gerade in den vergangenen Jahrzehnten in dieser Hinsicht auch den Blick ihrer Mitglieder geweitet. Auch in Dörfern wie Alsweiler hat der aktive Einsatz für die Armen der so genannten Dritten Welt inzwischen eine respektable Tradition.“

Das Ergebnis für 2006: Durch den Vertrieb von fair gehandelten Waren hat man in Alsweiler und mehreren Nachbarorten 24 000 € Umsatz erzielt.

Mit klarem Blick

Brill schaut genau hin, er lässt sich nicht durch imponierende Einzelleistungen euphorisieren, wahrt kritische Distanz: „Gewiss ist es kein Zufall, dass die Aktivisten aus dem Kreis der engagierten Katholiken kommen. Trotz aller Wandlungen ist die Kirche im Dorf ja noch immer diejenige Institution, die für die großen Fragen der Moral zuständig ist. Allerdings in ganz anderer Weise, als dies früher der Fall war. Der epochale Umbruch, der die Dörfer Europas erfasst hat, macht vor der Religion nicht halt. In vielen Orten wurde die hergebrachte Stellung der Kirche schwer erschüttert. Ihr Einfluss ging teilweise dramatisch zurück, ihre Arbeitsweise und ihre Strukturen sind großen Veränderungen unterworfen. Und auch das markiert eine historische Zäsur, die den Kern des dörflichen Zusammenlebens berührt.“

Rollen des Pfarrers

Im Rückblick auf die Stellung des Pfarrers heißt es: „Auf dem Dorf war der Pfarrer ein absoluter Herrscher, man nannte ihn in der Mundart „de Häär“ (Herr). Ich erinnere mich noch gut, mit welchem Gruseln ich in meiner Jugend den Erzählungen meiner Großmutter über das straffe Regiment der Pfarrherren lauschte. Zu den Frauen, die doch damals viele Kinder gebaren, kam der Pastor jedes Mal nicht lange nach einer Niederkunft, um nachdrücklich anzufragen, ob denn auch schon das nächste Kind geplant sei. Und mein Großvater Michel gehörte als Sozialdemokrat und Mitglied einer Bergarbeitergewerkschaft, des ,Alten Verbandes’, zu jenem halben Dutzend Männern im Dorf, denen der Dorfpfarrer nach dem Ersten Weltkrieg eine Zeitlang aus politischen Gründen das Bußsakrament verweigerte. Die Betroffenen gingen deshalb heimlich ‚auf dem Paterhof’, in der Kirche der Steyler Missionare in St. Wendel, zur Beichte, damit ihre Ehefrauen beruhigt waren.

Unvergessen sind auch die Erzählungen über eine ,Häärekesche’ (Pfarrersköchin), die eine junge Lehrerin aus dem Dorf vertrieb, weil diese bei einer Hochzeit mit verschiedenen Männern getanzt hatte.

Dergleichen Anekdoten belegen, welch enormen Anpassungsdruck die Kirche im Ort einst erzeugte.“

Erstaunliche Gegenwehr

Erste Gegenwehr gab es in Alsweiler nicht zufällig im Gründungsjahr von imprimatur Es lag am Aufbruchsgeist dieser Zeit: „Die Katholische Jugend (KJG = Katholische Junge Gemeinde) überwarf sich mit dem Pfarrer Paul Balling und polemisierte in einer eigenen, auf Matrizen abgezogenen Zeitung 1968 gegen die Enzyklika ,Humanae vitae’ des Papstes Paul VI., die den Gebrauch der Anti-Baby-Pille ablehnte. Später eskalierten die Konflikte so weit, dass sich die Ortsgruppe der KJG beim Dekanat St. Wendel abmeldete und nach Kusel ins Bistum Speyer hinüberwechselte. Und es war ein Jugendführer aus Alsweiler, Clemens Sebastian, der 1978 als Bundesleiter der KJG von der Deutschen Bischofskonferenz zum Rücktritt gezwungen wurde, weil der Verband mit seinem nonkonformistischen Programm den Kirchenführern allzu weit ging.“

Das Engagement von Laien

Brill berichtet von der Blütezeit, die das 2. Vatikanische Konzil ausgelöst hatte: „Bald darauf führten die Männer des Dorfes in vielen freiwilligen Arbeitsstunden die Erweiterung der Pfarrkirche aus, der zwei Seitenschiffe hinzugefügt wurden. Erst recht ist der Bau eines Pfarrheimes, des größten Veranstaltungssaales weit und breit, hervorzuheben. Seine Fertigstellung gelang 1970 ebenfalls nur durch eine gewaltige gemeinschaftliche Anstrengung – von der Vermessung und der Ausführung der Bauarbeiten bis hin zur Finanzierung des Projekts durch Zuschüsse und Spenden, die mit Basarverkäufen und Haussammlungen der Katholischen Frauengemeinschaft eingetrieben wurden.

Im Grunde hat sich dieser Geist bis heute erhalten. 2005, zum 200-jährigen Bestehen der eigenständigen Pfarrei St. Mauritius Alsweiler, stellten 28 verschiedene Vereine des Dorfes gemeinschaftlich im Pfarrheim mehrere Veranstaltungen auf die Beine. Es kamen 4000 Euro an Einnahmen zusammen, die für eine Sanierung der feucht gewordenen Vorderwand und des Dreifaltigkeits-Mosaiks in der Pfarrkirche gebraucht wurden. Wolfgang Simon, der Cheforganisator, der als Mitglied im Verwaltungsrat der Pfarrgemeinde mit dieser Aufgabe betraut worden war, zeigte sich hochzufrieden. Er hatte im Vorfeld alle Vereinsvorsitzenden oder –vorstände persönlich aufgesucht und es diesen überlassen, welchen Beitrag sie leisten wollten, und keiner hatte sich verweigert.“

Selbst die Jugend kann man noch an die Kirche binden: „Besonders gut scheint dies bei den Messdienern zu gelingen, die im Jubiläumsjahr 2005 nicht weniger als 75 Mädchen und Jungen in ihren Reihen hatten und damit offenbar in die Rolle der vormaligen Katholischen Jugend geschlüpft sind.“ Es wäre also noch manches möglich, gäbe es in der derzeitigen Kirche eine hinreichende Zahl an gewinnenden Persönlichkeiten.

Statistisches

Aber Brill muss für die gesamte westliche Welt die folgenden abträglichen Tendenzen registrieren: „Wie überall in Europa und in den USA, so hat die Katholische Kirche in den vergangenen Jahrzehnten auch in Alsweiler an Einfluss und Anhängern verloren, wenn auch in geringerem Maße. Auch hier hat der globale Umbruch alte Gewissheiten erschüttert. Die Wirkung des Fernsehens, die Abkehr vieler Menschen von überlieferten Werten, die Auseinandersetzungen um manche Vorgabe des Papstes sowie die Skandale um Priester, die sexuelle Übergriffe begingen, haben flächendeckend zu einer Krise beigetragen, die auch im Vatikan klar gesehen wird.

Sie zeigt ihre Auswirkungen, zum Beispiel in zahlreichen Kirchenaustritten. Im Bistum Trier verminderte sich die Zahl der Katholiken zwischen 1980 und 2005 um 314.000 auf 1,6 Millionen – ein Minus von 16,4 Prozent. Auch in Alsweiler gab es Austritte, auch in Alsweiler ist die Pfarrkirche am Sonntag meist nur noch halb voll, und an den Werktagen kommen, wenn es überhaupt eine Messe gibt, jetzt durchschnittlich nur noch etwa 60 Leute, überwiegend ältere Frauen.

Auch Gudrun Büchler, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats und des Kirchenchores, die erst im Jahr 2001 in Alsweiler zugezogen ist und dort nach eigenen Worten sehr herzlich aufgenommen wurde, hat gleich den Eindruck gewonnen, das religiöse Leben und der Gemeinschaftsgeist seien im Ort noch weit lebendiger als anderswo. Allerdings: Der Kirchenchor, vermutlich der älteste Verein im Ort, findet keinen Nachwuchs mehr. Und bei der letzten Wahl zum Pfarrgemeinderat im November 2007 fand man kaum genügend Kandidaten.“

Situationsbeschreibung durch den Ortspfarrer

Die Kontakte zum Ortspfarrer bringen desillusionierende Einsichten: „’Wir erleben in diesen Tagen den Wandel und Übergang vom Traditionschristentum volkskirchlicher Prägung zu einem Christsein der persönlichen und bewussten Glaubensentscheidung’, schrieb dazu der Marpinger Pfarrer Leo Hofmann im Jahr 2005.

In der Rolle des Priesters ist Leo Hofmann ganz das Gegenbild der Pfarrherren alten Schlages. Offen und umgänglich bewegt er sich bei dörflichen Ereignissen unter den Leuten, mit etlichen Bürgern ist er per Du. Im Unterschied zu seinem jungen Kollegen Breininger kleidet er sich nicht ins förmliche Priesterhabit mit dem Gipskragen, sondern trägt einen dunklen Anzug mit Krawatte, im Revers ein kleines Kreuz.

Leo Hofmann, der einst als junger Theologiestudent die Begeisterung seiner Generation über die Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils teilte, macht keine Umschweife, wenn er auf die gegenwärtige Krise zu reden kommt. ,Der Bruch mit der Glaubenstradition geht an die Fundamente’, schrieb er im Buch zum Pfarrjubiläum. ‚Die Selbstverständlichkeit, mit der in den Jahren nach dem Konzil vor 40 Jahren die Mehrheit der Getauften das Gemeindeleben mitgestaltete, scheint auf absehbare Zeit vorbei zu sein. Viele getaufte Christen brechen nicht nur mit der Kirche, sondern auch mit dem Glauben. Kinder und Jugendliche sind im Erscheinungsbild der Pfarrgemeinden immer seltener. Immer mehr Kinder und Jugendliche können den Glauben nicht mehr verlieren, weil sie überhaupt nichts vom Glauben erlebt und erfahren haben. Auch ältere Menschen, die 40 und 50 Jahre ihres Lebens kirchlich praktiziert haben, bleiben der Kirche fern, darunter besonders die Männer. Unübersehbar sind die Lücken bei den jungen Familien. In unserer Gesellschaft geraten überzeugte Christen mit ihren Wertvorstellungen in die Minderheit.’ “

Strukturplan 2020

In der Bewertung der jetzigen kirchlichen Situation geht Brill vom sogenannten „Strukturplan 2020“ aus, der sieht im ältesten Bistum Deutschlands die Zusammenlegung von bisher 951 Pfarreien zu 173 ,pastoralen Einheiten’ vor.

„Für Alsweiler bedeutet dies einen weiteren schmerzlichen Verlust. Nach der politischen Autonomie wird der Ort auch seine kirchliche Eigenständigkeit aufgeben müssen. Mit den Nachbarorten Marpingen und Urexweiler soll er künftig eine Pfarreiengemeinschaft bilden. Statt dreier Pfarrer wird es dann nur noch einen geben, mit Sitz in Marpingen. In jedem der drei Dörfer wird folglich am Wochenende nur noch ein Gottesdienst statt bisher zweier stattfinden, und nach den Worten ihres Pastors müssen sich die Bewohner auch darauf einstellen, dass nicht mehr an jeder Beerdigung ein Priester mitwirkt. In Missionsgebieten sei dies schon lange so. Ansonsten wurde von der Diözesanleitung in Trier sogar die Schließung und Umwidmung von Kirchen nicht ausgeschlossen, wie in anderen Teilen Deutschlands bereits geschehen. Und auch im Kreis St. Wendel gibt es dafür ein Beispiel, allerdings auf evangelischer Seite: Das Gotteshaus in Steinberg-Deckenhardt wurde dem örtlichen Musikverein verkauft, der dort seine Proben hält.“

Gerade in der Krise wäre die Kirche indes auf das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitglieder angewiesen, denn sie muss ihre Dienstleistungen einschränken. Doch sie vergrault jeden Bereitwilligen, besonders die Frauen, durch ihre Fixierung aufs Weiheamt.

Konsequenzen der Migration

Der Journalist Brill sieht natürlich auch die Veränderungen im Umfeld der Kirche: „Es dürften in Zukunft noch ganz andere Herausforderungen hinzukommen, zum Beispiel dadurch, dass peu à peu immer mehr Ungläubige oder Andersgläubige zuziehen. In Alsweiler ist dieser Prozess, von vielen unbemerkt, bereits im Gange. Nur die wenigsten der neu angesiedelten Ausländer, unter ihnen auch einige Muslime, treten überhaupt noch mit der Pfarrgemeinde in Kontakt.“

„Die Probleme, die sich auf diesem Feld ergeben könnten, sind schon näher, als die meisten Bewohner von Alsweiler wohl ahnen. Im Kindergarten, der bis zum Sommer 2008 in Alsweiler von der Katholischen Kirche betrieben wurde und dann an die Gemeinde Marpingen überging, tauchten sie zuerst auf. Kinder aus acht verschiedenen Nationen waren 2008 im Alsweiler Kindergarten angemeldet, wie Julitta del Fabro, die frühere Leiterin berichtete, auch aus dem islamischen Kulturkreis, in dem die Rolle der Frau nicht unbedingt eine gleichberechtigte ist. In einem Fall ging eine Mutter regelmäßig zwei Meter hinter ihrem vierjährigen Jungen her und trug ihm die Tasche. Julitta del Fabro wies dann in einem Gespräch auf die anderen Wertigkeiten in Deutschland hin und machte klar, dass der Junge im Kindergarten seinen Teller selber spülen lernen müsse. ,Das sind konkrete Situationen, die immer wieder auftauchen.’ “

„So dringt auch im kleinen Dorf das große Phänomen der Migration in den Alltag ein. Vermutlich ist neben den Aktivisten der Aktion 3. Welt Alsweiler e.V. keine Gruppe im Ort auf die Veränderungen, die sich da ankündigen, so gut vorbereitet wie die Katholische Frauengemeinschaft, die heute 369 Mitglieder zählt. Denn neben Wallfahrten, geselligen Veranstaltungen und Sammelaktionen stellt die Auseinandersetzung mit der Lage in fremden Ländern einen wesentlichen Teil ihrer Arbeit dar. Und das könnte bald von großem Nutzen sein. Wie nie zuvor werden künftig auch in Dörfern Menschen gebraucht, die ihre sozialen Talente nicht nur im Umgang miteinander in einer geschlossenen Gruppe zu entfalten vermögen, sondern auch nach außen offen sind.

Die kfd-Frauen von Alsweiler sind im Einklang mit der Politik ihrer Organisation auf Diözesan- und Bundesebene über die Sammlungen ‚für die Missionen’ längst hinausgegangen. Die wohlwollende Fürsorge für die Negerkinder ist modernen Überlegungen zur Entwicklungshilfe gewichen, und längst schaut man auch über die eigene Konfession hinaus. Zum Weltgebetstag der Frauen am 7. März 2008 zum Beispiel lud die kfd-Ortsgruppe in die Pfarrkirche von Alsweiler nicht nur ihre Mitglieder ein, sondern explizit auch ,unsere evangelischen Mitchristinnen sowie die Frauen anderer christlicher Konfessionen im Ort’.

„Und was war mit Malawi? Sie hatte mir doch unlängst mitgeteilt, dass die kfd-Gruppe Alsweiler jenes Geld, das sie beim großen Tag der Offenen Tür im Hiwwelhaus und im Speiersch Haus durch den Verkauf selbstgebackenen Kuchens eingenommen hatten, zu einem Teil für ein Projekt in Malawi spenden würden.

Aber das war nicht die Art, wie die Frauen von Alsweiler in Malawi helfen wollten. Eine Gruppe von Frauen, unter ihnen die kdf-Regionalvorsitzende Bärbel Britten aus Saarlouis, war vor einiger Zeit in dem südostafrikanischen Land gewesen ... In dem Dorf Mackenzie bei Salima, unweit des Malawi-Sees, einer Ansammlung von etwa 150 schilfgedeckten Hütten, sahen sie mit eigenen Augen die Not und Perspektivlosigkeit, in der dort die Frauen lebten. Die Frauen von Mackenzie wünschten sich eine eigene Maismühle, um für sich und die Bewohner der umliegenden Dörfer den Mais zu mahlen und so etwas zu verdienen. Kfd-Frauen im Saarland brachten mit dem Erlös von Weihnachtsmärkten, Basaren und sonstigen Aktionen rund 13.000 Euro auf und ermöglichten so den Frauen von Mackenzie den Bau dieser Maismühle, die nach den Worten von Monika Lambert ,wie so ein kleines Gartenhäuschen’ aussieht.

Für den Betrieb der Anlage wurde erstmals Elektrizität ins Dorf geholt, es entstanden auch Handwerksbetriebe, und die saarländischen Frauen sammelten nun Geld für den Bau eines ,Women Forum’, eines Hauses, in dem die Frauen von Mackenzie sich treffen und beispielsweise lesen und schreiben lernen wollen. Außerdem wurden 15 Nähmaschinen gekauft, auf denen die Frauen von Mackenzie Kleider fertigen wollen, ebenfalls zum Verkauf. ,Die müssen das selbst lernen’, sagte Monika Lambert. ,Wir bringen dort keine Kleider oder sowas hin.’

Es gibt jetzt in Mackenzie auch einen Fonds, in den die Überschüsse aus der eigenen Produktion fließen. Man hat damit schon eine Schule finanziert, und man zahlt daraus das Schulgeld für die Mädchen, die sonst zum größten Teil gar nicht in die Schule geschickt würden. Dazu werden noch zehn junge Aids-Waisen versorgt. Und für all diese erstaunlichen Unternehmungen wird also jetzt auch der Erlös aus dem Verkauf des Kuchens beim Tag der Offenen Tür im Alsweiler Hiwwelhaus und bei anderen Veranstaltungen verwandt.“

Soweit die Reportage. Sie könnte bei ihrem dokumentarischen Gehalt, den engagierten Christen vor Augen führen, wo ihr Engagement erforderlich ist. Bei einem Entschluss, sich einzusetzen, dürfen sie nicht auf die Unterstützung von Kirchenfunktionären warten. Mündige Christen sollten sich zusammenschließen und eigenständig Aktionen in die Wege leiten.

Wer generell an der Entwicklung des Dorfes interessiert ist, kann seine Neugier in Brills Buch stillen.

Klaus Brill: Deutsche Eiche made in China. Die Globalisierung am Beispiel eines deutschen Dorfes. Karl Blessing Verlag 2009, 349 Seiten.


© imprimatur April 2010
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